Sonntag, 22. September 2019

Offene Bücherschränke - Ein Segen, oder eher ein Fluch?



Erst vor kurzem war ich zusammen mit meinem Freund auf Shoppingtour gewesen. Da wir jedoch auf einem kleinen Dorf, mit gerade mal 1.300 Einwohnern und bis auf einem „Tante-Emma-Laden“ keine Geschäfte besitzen, fahren wir gerne in die nächsten größeren Städte zum Shoppen. So wie zu einem kleinen Einkaufszentrum in Stein, welches bei Nürnberg liegt.

Neben den ganz „normalen“ Geschäften im Einkaufszentrum habe ich außerdem noch vor dem Eingang eine bunt gestaltete, alte Telefonzelle gefunden. Ihren damaligen Zweck wurde zu einem offenen Bücherschrank umgewandelt. Voller Freude hat sie mich in ihren Zauber gezogen, so dass ich gleich auf die Suche nach ein paar neuen „Schätzen“ ging. Doch ganz ehrlich, ich wurde regelrecht enttäuscht.




Eine neue Art der Papierentsorgung?

Denn anstelle von Romanen, die man vielleicht gerne noch lesen möchte, fand ich eher sehr alte und abgegriffene Bücher. Natürlich, für irgendjemanden ist das vielleicht noch ein wahrer Schatz. Aber Bücher, die bereits meine Großmutter in ihrer Jugend gelesen hat, spricht doch die aktuelle Lesegemeinschaft gar nicht an.

Auch als ich auf meiner Facebook-Seite meine kleine Community gefragt habe, wie sie solche Einrichtungen finden, kamen wir alle auf die gleiche Antwort: Die Idee an sich, dass man seine gelesene Bücher zum Tauschen abgibt, ist wirklich klasse. Denn schließlich gibt es so viele „neue“ Romane, so dass der eigene Bücherschrank einfach überquillt. Und für manche Leute, die aus bestimmten Lebenssituationen heraus kein Geld für die neusten und aktuellen Büchern haben, ist so eine Einrichtung auch ein reiner Segen.

Aber... Das was ich dir nun schreibe, haben auch alle bestätigt. Vorweg möchte ich noch folgendes sagen: Wir sind nicht alle ein Fan davon, ein Buch einfach in den Papiermüll zu schmeißen. Im Gegenteil - So ein Gedanke tut uns in der Seele weh. Doch man sollte dabei schon unterscheiden können, ob man bestimmte Bücher wirklich in so einem offenen Bücherschrank steckt, oder doch lieber anderswo „entsorgt“.

Denn diese Einrichtungen von einem offenen Bücherschrank werden viel zu oft als eine Art großer „Bücher-Papier-Mülleimer“ benutzt. Sei es wegen einer Wohnungsauflösung, oder aus irgendeinem anderen Grund. So werden solche offene Bücherschränke für einen ganz anderen Zweck, als ursprünglich vorher geplant war, benutzt. Sie werden voll gestellt mit „alten Schinken“, so dass recht neuere Romane dort keinen Platz mehr finden.

Und solche Bücher bleiben dort auch einfach stehen - über Tage, Wochen, Monate, wenn nicht sogar über Jahre. Dabei verbleicht das Cover immer mehr von der Sonne und jemand, der sich über solche offene Bücherschränke sich regelrecht freut, verliert dabei immer mehr das Interesse daran. Und so werden solche Einrichtungen leider immer weniger aufgesucht.


Offener Bücherschrank – Es geht auch anders

Aber es geht auch anders - und dieses weiß ich auch ganz genau. Ich habe es selbst oft in Urlaubsorten an der Nordsee gesehen, dass dort ein großen Treiben rund um den Bücherschrank statt fand. Auch ich habe dort den einen oder anderen Roman gegen ein gelesenes Buch getauscht, und mir so manche Urlaubsnächte, oder verregneten Tagen mit dem Lesen vergnügt. Aber bringt so ein offenes Bücherregal nur etwas an Urlaubsorten, wo die meisten Touristen sind und man auch Zeit zum Lesen hat?

Nein, es geht auch in einer kleinen Gemeinde - nämlich in meiner Nachbargemeinde Mainbernheim. Dort ist ganz versteckt ein kleiner Karton voller Bücher, die zu verschenken sind. Und die Idee von diesem Karton, finde ich persönlich richtig klasse. Denn dieser besagte Karton befindet sich im Vorflur vor der Arztpraxis meines Hausarztes.


Wartezeit ist Lesezeit

Denn jeder weiß, wenn er in seinem Leben zum Arzt muss, dass man trotz eines Termins doch im Wartezimmer Platz nehmen muss und man dann einfach nicht genau weiß, was man nun mit dieser Zeit anstellen soll. Einige blättern in den vorhandenen Zeitschriften, andere schauen auf ihrem Handy, oder manche lesen in ihrem Buch.

Und für die Leute unter uns, die nun im Wartebereich lesen, aber gerade kein Buch zur Hand haben, können nun in diesem Karton stöbern und in einige Romane hineinlesen. Und wenn man schon gleich durch die Magie des Schriftstellers auf den ersten Seiten in den Bann gezogen wird, kann man diesen Roman auch gleich mit nach Hause nehmen und weiterlesen. Und so etwas ist manchmal besser, als wenn man einen interessanten Artikel in einer Zeitschrift anfängt zu lesen, man aufgerufen wird und somit nie erfährt, wie es nun weiter geht in diesem Bericht.

Und genau das ist mir nämlich auch passiert. Denn eigentlich bin ich jemand, der immer mit einem Buch in der Tasche zum Arzt geht - doch an diesem Tag ist es nicht so gewesen. Meine Erkältung hatte mich soweit in den Griff gehabt, dass ich ehrlich gesagt froh war, überhaupt Klamotten anzuhaben und unfallfrei zum Arzt zu fahren. Doch meine aktuelle Lektüre lag nun auf meinem Nachttisch, und ich hatte nichts zu lesen.

So stöberte ich schnell und kurz in diesem Karton herum und wurde regelrecht fündig. Denn neben dem Jugendroman, für den ich mich anschließend auch entschieden habe, gab es noch unzählige aktuelle Bücher, die auch ein Anreiz für mich gewesen wären. Ich weiß selbst nicht, wieso es dort klappt. Vielleicht sortiert die Arztpraxis vorher schon die etwas sehr älteren „Schinken“ aus, weil sie selbst wissen, dass solche Bücher nicht mehr gelesen werden. Aber eins kann ich sagen: Nach der Enttäuschung bei der alten Telefonzelle in Stein war ich hier nun richtig positiv überrascht.


Wieso klappt das nicht überall?

Und so frage ich mich: Wieso klappt das nicht überall? Denn so ein offener Bücherschrank hat doch einen Besitzer. Tut mir leid, wenn ich dir das nun mit meiner anderen Leidenschaft dem Geocaching vergleiche, oder dort muss der Besitzer von einem Versteck auch nach dem Rechten schauen. Wenn ein Versteck abhanden gekommen ist, diesen erneuern, sowie ein Austausch bei einem vollen und/oder nassen Logbuch. Oder ggf. Reparaturarbeiten machen, wenn der Cache beschädigt ist.

Wieso klappt das bei einem offenen Bücherregal nicht? Wieso kann der Besitzer nicht einmal nach dem Rechten schauen. Es muss ja nicht täglich sein, aber vielleicht mal monatlich? Schauen, ob bestimmte Bücher schon eine bestimmte Zeit dort stehen und diese ggf. anders „entsorgen“?

Natürlich heißt dieses, man hat mehr Verantwortung und man muss sich um eine Sache kümmern, die vielleicht für den einen oder anderen eine Last wäre. Aber Hand aufs Herz: Erfreut es einem nicht selbst, wenn man einem anderen Menschen eine Freude machen kann, und somit ein Lächeln ins Gesicht zaubert?

Und so kommt mir selbst der Gedanke, mal in meiner Gemeinde nachzufragen, ob ich ein offenes Bücherregal eröffnen könnte. Ich werde es nicht nur so dastehen lassen, sondern auch immer wieder nachschauen, wie es angenommen wird und was man dort für Romane findet. Ich finde, man muss solche tollen Einrichtungen auch eine Chance geben, ihren „wahren Zweck“ zu erfüllen, und anderen Leuten zeigen, dass es nun auch anders geht, als eine neue, moderne Art der Papierentsorgung.


Das waren nun meine Gedanken zum offenen Bücherregal, mit einer negativen, aber auch einer positiven Erfahrung. Vielleicht konnte ich dir nun auch eine andere Sicht zeigen, wieso es solche Bücherschränke gibt. Und vielleicht habe ich dich auch ermutigt, etwas für andere Menschen zu tun, die sich nicht so einen „Luxus“ leisten können. Mache dir selbst darüber Gedanken, und frage dich vorher selbst, wenn du mal ein Buch in so einer Einrichtung stellst, ob dieser Roman auch wirklich noch von Anderen gelesen wird.


Dein Weltenspatz Shelly

1 Kommentar:

  1. Hallo. Bei uns klappt das nicht weil alle aktuellen Bücher von Flohmarktverkäufern stapelweise entnommen werden, die sie verkaufen. Die geiern regelrecht neben dem Bücherschrank, so dass ich in der Stadt nichts mehr reinlege

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